Page 22 - Holzforum Ausgabe 1/2023
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Handel Lieferketten
Noch viele offene Fragen
„Das neue EU-Lieferkettengesetz, Segen oder Fluch?“ lautete Holzhandel eine große Rolle
der Titel einer Diskussionsveranstaltung auf der Messe Domotex spiele, Verträge abzuschließen,
um sichere Lieferbeziehungen zu
in Hannover. Vor allem die zunehmende Bürokratisierung stieß garantieren. Das Lieferkettenge-
bei den Teilnehmern auf Kritik. setzt -- Fluch oder Segen also,
so die abschließende Frage von
In Deutschland wurde das Lie- Gesetz stellen würde, zu erfül- res vorliegen und Anfang 2024 Moderator Marc Semmler. Im
ferkettengesetz, konkret Liefer- len, so Bergfeld weiter. Ein Pro- in Kraft treten. Ziel des europäi- Grunde handele es sich um ei-
kettensorgfaltspflichtengesetz blem, das auch Bernd Lange, schen Entwurfs, so Lange, sei es nen Wechsel der Kultur, so Yas-
(LkSG), am 11. Juni 2021 vom Mitglied des Europäischen Par- unter anderem, gleiche Wettbe- mine Farid Khamis, CEO Orien-
Deutschen Bundestag beschlos- laments und der Vorsitzende des werbsbedingungen zu schaffen. tal Weavers Carpets, und dieser
sen. In Kraft getreten ist es am 1.
Januar 2023. Darin wird die un-
ternehmerische Verantwortung
für die Einhaltung von Menschen-
rechten in den globalen Lieferket-
ten geregelt. Es gilt für Unterneh-
men im Inland mit 3.000 oder
mehr Arbeitnehmern, ab 2024
dann auch für Unternehmen ab
1.000 Arbeitnehmern. In dieser
Regelung sahen die Teilnehmer
einer Diskussionsveranstaltung
auf der Bodenbelagsmesse Do-
motex unter dem Titel „Das neue
EU-Lieferkettengesetz, Segen
oder Fluch?“ einen der Schwach-
punkte. Befürchtet wird, dass die
Verantwortung zu den nachge-
ordneten Lieferanten weiterge- Diskutierten auf der Domotex über das Lieferkettengesetz, v. l.: Bert Bergfeld, Roman Eberharter, Bernd Lange,
reicht wird und damit auch weit- Yasmine Farid Khamis und Moderator Marc Semmler.
aus kleinere Unternehmen von
dem Gesetzt erfasst würden, Handelsausschusses, so sieht. Gleichzeitig wird aber von Seiten brauche Zeit. Langfristig aber
sagte Bert Bergfeld, Managing Auch er regte an, Instrumente der Wirtschaft befürchtet, dass sei das Gesetz sehr positiv zu
Director Association Großhandel zu schaffen, um die KMUs bei es im Vergleich zum deutschen bewerten. Bergfeld und Roman
Heim und Farbe. Es sei aber un- der Einhaltung des Gesetzes Gesetz zu weiteren Verschärfun- Eberharter, President European
möglich für Hersteller komplexer zu unterstützen. „Es kann nicht gen kommt. „Knifflige Themen“ Federation of Furniture Retai-
Produkte alle Sublieferanten ent- sein, dass Unternehmen die Ver- sieht Lange unter anderem in der lers, sind sich weitgehend einig
sprechend zu kontrollieren. Ge- antwortung einfach weiterschie- Festlegung gegebenenfalls er- in ihrem Urteil, dass das Gesetz
fordert wurde deshalb kleine und ben“, so Lange. forderlichen Sanktionen. Zudem grundsätzlich zu begrüßen sei.
mittlere Unternehmen (KMUs) bei Auf europäischer Ebene sieht er noch Klärungsbedarf bei Allerdings befürchten beide ein
der Durchführung des Gesetzes wird derzeit an einem dann für der Frage, ob es eine privatrecht- weiteres Bürokratiemonster.
zu unterstützen. Für KMUs sei es alle Mitgliedstaaten verbindli- liche Haftung benötige. Eines der „Was wir brauchen“, bilanzierte
unmöglich die bürokratischen chen Gesetzesentwurf gearbei- Ziele sei jedoch, durch Verträge Bergfeld, „ist mehr Luft zum At-
Anforderungen, die ein solches tet. Dieser soll bis Ende des Jah- mit Lieferländern, wo illegaler men für die Wirtschaft.“ n
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