Page 42 - Holzforum Fachmagazin 3/2021
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Marketing Neuromarketingkongress
Relevanz durch Kontext und
Individualisierung
Wie lässt sich eine Werbebotschaft angesichts eines extremen litäten als wirtschaftlicher Er-
Werbedrucks dennoch effektiv vermitteln? Diese Frage stand im folgsfaktor.
Mehr Mut zum Risiko forderte
Zentrum des inzwischen 13. Neuromarketingkongresses. anschließend Dorothee Schön-
feld, Geschäftsführerin Zalando
Für manche mag es die „rele- „Alles, was emotional einge- dem „Empörungsjournalisten“ Outlets. Es helfe nicht, immer
vanteste“ Information der Ver- färbt wird, wird besser erinnert“, müsse der „Kümmerer“ vor Ort nur in den Rückspiegel zu se-
anstaltung gewesen sein: Das referierte Korte. werden. hen. Wichtig sei, aus dem Erfah-
Gehirn erlahmt, ähnlich wie ein Martin Korte gilt als einer der Meinolf Ellers durchlief eine rungsgefängnis auszubrechen,
Muskel, referierte Professor Mar- meistzitierten deutschen zellulä- Karriere bei der Deutschen nicht jede Idee müsse funktio-
tin Korte. „Deshalb, fragen Sie Ih- ren Neurobiologen und ist Autor Presse-Agentur (dpa) und war nieren. „Fehlschläge müssen
ren Chef am besten am Abend, zahlreiche Bücher. Er ist Profes- bis 2015 Geschäftsführer der im Budget mit enthalten sein.“
wenn er einen anstrengenden sor an der TU Braunschweig so- dpa-infocom GmbH. Außerdem Schönfeld begann ihre Karri-
Arbeitstag hinter sich hat, nach wie Direktor des Zoologischen In- war er Initiator, Geschäftsführer ere nach dem Studium der an-
einer Lohnerhöhung. Dann sind stitutes und war 2010 bis 2012 und Mitgründer verschiedener gewandten Kulturwissenschaf-
seine Widerstandskräfte am ge- Vizepräsident der TU Braun- Firmen und Projekte. Seit 2017 ten in Lüneburg bei Otto Europe,
ringsten.“ Nach diesem „Amuse- schweig. ist er Mitglied des Aufsichtsrats Otto Hamburg als Abteilungslei-
Gueule“ konzentrierte sich Korte Auch der nächste Referent, der Ibbenbürener Vereinsdrucke- terin.
aber ganz auf die eigentliche Meinolf Ellers, der lange Jahre rei GmbH. Warum scheitern so viele
Frage des inzwischen 13. Neu- für die dpa arbeitete, betonte Das Referat der Professorin Produkte schon nach kurzer
romarketingkongress: „How to anhand dem Beispiel Tageszei- für Wirtschaftspsychologie an Zeit, fragte anschließend Pro-
be relevant“. Konkret: Wie las- tung, dass das „one size fits all“- der LMU München, Sarah Die- fessor Hans-Willi Schroiff. Im-
sen sich Werbebotschaften am Prinzip der Vergangenheit ange- fenbach, lässt sich – zumindest merhin würden zwischen 60
besten vermitteln, angesichts höre. Die Tageszeitung, begann auch -- als Plädoyer für den sta- und 80 Prozent aller Produkte
einer begrenzten Aufmerksam- Ellers, stehe vor einem massi- tionären Handel interpretieren. bereits nach zwölf Monaten wie-
keitsspanne der Rezipienten und ven Existenzproblem. Die Aufla- „Wer das beste Erlebnis ver- der aus den Regalen verschwin-
eines immer weiter steigenden gen hätten sich in den vergange- kauft, gewinnt“, ist Diefenbach den. Seine einfache Erklärung:
Werbedrucks. „Die Menschen nen 25 Jahren in etwa halbiert. überzeugt. Dabei komme es vor Es mangelt an Kundenorien-
sind es leid, immer stärker mit Wenn die Tageszeitung überle- allem darauf an, Pragmatismus tierung. Die Produktentwick-
Dingen belästigt zu werden, die ben wolle, müsse sie weg vom mit Hedonismus zu verbinden. lung und die Marketingaktivi-
sie nicht interessieren“, betonte Prinzip des „Generalanzeigers“. Im Zweifelsfalle schlage Funktion täten richteten sich zu stark an
Korte. Er rechnet zwar mit ei- „Dieses Konzept ist nicht mehr Design. Aber beide Faktoren zu- kurzfristigen Kundenwünschen
ner auch zukünftig steigenden zu halten“, sagte Ellers. Bisher sammen effektiv umgesetzt, hät- aus. Längerfristige Bedarfs- und
Werbeintensität, warnte aber bekomme die Oma genau den ten die größten Erfolgschancen. Marktentwicklungen würden
auch: „Steigende Webebudgets gleichen Inhalt wie deren En- „Es gilt in Bedürfnissen statt in ignoriert. Schroiff nannte dies
werden das Problem nicht lö- keltochter. Zudem werde die Zu- Produktkategorien zu denken.“ Marketing-Myopia. Als Grund
sen.“ Auf der Grundlage seiner stellung immer teurer. Auch er Diefenbach beschäftigt sich seit führte Schroiff an, dass in der
Forschungsergebnisse legte er betonte als Lösungsansatz, wie 2007 mit der Erforschung des Regel hierarchisch organisierte
den Werbetreibenden zwei Stra- zuvor Korte, das Prinzip der Indi- Nutzererlebens, der Gestaltung Ideenfilter wirken würden. Es
tegien nahe: Kontext schaffen vidualisierung. „Es kommt darauf interaktiver Produkte aus psy- gebe in Unternehmen keine Ins-
und die Individualisierung der an, den Kunden als Individuum chologischer Perspektive und titution, die Ergebnisse der Pro-
Werbung. zu entdecken“, sagte Ellers. Aus der Bedeutung von Erlebnisqua- dukt- und Marketingentwicklung
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