Page 16 - Holzforum Fachmagazin 3/2021
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Handel Interview Teil II
„Holz hat eine riesige Zukunft“
Dr. Christoph Hoffmann ist der einzige Abgeordnete im Bundes- Stattdessen brauchen wir wegen
tag mit einer Forstlaufbahn. Holzforum sprach mit ihm über den des rasant sich verändernden Kli-
mas mehr praxisorientierte For-
Waldumbau in Zeiten des Klimawandels und die wachsenden schung zu allen geeigneten, an
Chancen des Holzbaus. die Klimaveränderungen ange-
passten Baumarten, aber auch
Herr Dr. Hoffmann, sehen Sie landwirtschaftlicher Flächen aus die Umwandlung landwirtschaft- zur Variabilität unserer einheimi-
in Deutschland noch Mög- landespflegerischen Gründen enge licher Flächen durchaus den lan- schen Baumarten, bei denen es
lichkeiten der Aufforstung? Grenzen gesetzt. despflegerischen Zielen und den immer genetische Varianten gibt,
Die Aufforstung von Flächen, gesetzlichen Bestimmungen ent- die mehr Trockenheit vertragen.
Hoffmann: Ich setze mich, zusam- die außerhalb katastermäßig er- spricht. Wann immer diese Prü- Genau diese müssen wir finden
men mit meinen Kollegen in der fassten Waldflächen liegen und fung zu einem positiven Ergebnis und vermehren.
Fraktion der Freien Demokraten im eine Umwidmung der Flächennut- kommt, sollten die Verwaltungen ei- Natürlich haben die nordame-
Deutschen Bundestag, dafür ein, zung mit sich ziehen, bedarf der nem solchen Vorhaben keine büro- rikanischen Baumarten den Nach-
dass im Rahmen der gesetzlichen Genehmigung durch die Landrats- kratischen Steine in den Weg legen. teil, dass nicht so viele Arten von
Bestimmungen auch in Deutsch- ämter. Diese haben bei ihrer Ent- Insekten, Pilzen und anderen Orga-
land Waldflächen neu begründet scheidung zwar einen gewissen Wie muss der Wald in Deutsch- nismen mit ihnen in symbiotische
werden. Das ist allerdings nur be- Ermessensspielraum, müssen land im Zuge des Klimawan- Beziehungen treten können. Aber
grenzt möglich, zum Beispiel auf sich jedoch nach den gesetzlichen dels umgebaut werden? wichtiger ist jetzt, dass uns der
Grenzertragsböden. Wir reden Bestimmungen (u. a. §§ 25-29 Wald überhaupt erhalten bleibt,
hier aber über einstellige Prozente. Landwirtschafts- u. Landeskultur- Hoffmann: Dass der Wald sich sonst verlieren wir die Böden durch
Mehr Wald ist nicht realistisch, da gesetz, Waldgesetze) richten, die von selbst an den Klimawandel die Erosion und es sieht aus wie am
Deutschland eines der am dichtes- sich für diese Fälle zugunsten ei- anpasst, das dauert vermutlich Mittelmeer -- nur noch Strauch und
ten besiedelten Länder dieser Erde ner vielfältigen Kulturlandschaft im hunderte von Jahren. Deshalb Buschwerk. Ohne Wald würden wir
ist. Es zeichnet sich durch eine ländlichen Raum mit einem wech- müssen wir mit Wissen und Ver- massive Hochwasserprobleme be-
bereits weit fortgeschrittene Ver- selvollen Miteinander aus land- und nunft nachhelfen. kommen. Also muss man Prioritä-
teilung zwischen Siedlungs-, Ge- forstwirtschaftlicher Bewirtschaf- Der klimaresiliente Wald wird ten setzten. Die erste ist Walderhalt
werbe-, Landwirtschafts- und Wald- tung orientieren. Deshalb werden der Volkswirtschaft auch in Zu- und CO Speicherung, dem muss
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flächen aus. Dabei sind gerade im solche Anträge in der Praxis vor kunft Holz bereitstellen müssen, sich alles andere unterordnen.
ländlichen Raum der Umwidmung allem dann, wenn sie in Gebieten das verwendbar ist, zum Beispiel
mit bereits hohem Wald- als Balken im Dachstuhl. Das geht Holz hat im Moment Rücken-
anteil gestellt werden, oft nun mal nur mit Nadelholz und wind durch die Diskussion um
abschlägig beschieden. nicht mit Buche. Ein Primat der Nachhaltigkeit und Klimawan-
Als Beispiel für die Rückkehr zum Urwald, wie es ei- del. Werden Ihrer Ansicht nach
eher waldarmen Gebiete nige Romantiker um Herrn Wohlle- von der Holzbranche die Chan-
unseres Landes sei hier ben fordern, wird dieser zivilisatori- cen ausreichend genutzt?
der Kreis Ludwigsburg schen Anforderung nicht gerecht.
genannt. Dort mag eine Durch die Eiszeiten ist der Hoffmann: Die aktuelle, durch den
nähere Prüfung zu dem deutsche Wald artenärmer ge- menschengemachten Klimawan-
Schluss gelangen, dass worden. Die nordamerikanischen del hervorgerufene Kalamitätslage
Dr. Christoph Hoffmann: Baumarten Douglasie und Küsten- zeigt uns, wo die Grenzen unseres
„Vorerst wird die tanne oder Hemlocktanne waren Handelns liegen. Nur durch die
Domäne des Holzbaus davor schon in Europa. Scheuklap- nachhaltige Aufforstung durch
bei den Einfamilienhäu-
sern und Fertighäusern pen und ideologische Diskurse zur klima- und standortangepasste
bleiben.“ Endemie helfen hier nicht weiter. Bäume und insbesondere durch
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