Page 47 - Holzforum Fachmagazin 1/2022
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Aktiver Waldumbau    Durch unser Zutun haben sich
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                                                                         In den letzten Jahren wer-  gungen innerhalb weniger Ge-
                                                                         den zudem immer wieder   nerationen so stark verändert,
                                                                         die Stimmen laut, man   wie dies geo historisch sonst nur
                                                                         solle den Wald doch ein-  über Jahrtausende geschieht.
                                                                         fach in Ruhe lassen, er   Und nun soll der Wald damit al-
                                                                         könne sich selbst heilen.   leine zu Recht kommen? Ein ak-
                                                                         Meines Erachtens sind   tiver und ökologisch fundierter
             Erscheinungsbild eines artenreichen Mischwaldes, dominiert von Laubbaumarten
             wie Buche, Eiche und Esche, im frühen August 2021. Gut zu sehen sind hier   solche Forderungen, zu-  Waldumbau ist das Gebot der
             absterbende Bäume, meist Fichten und Kiefern. Auch die eher herbstliche Färbung   mindest wenn sich diese   Stunde, geleitet durch wissen-
             deutet auf eine allgemeine geringe Vitalität hin, vor allem bei den Laubbaumarten.  auf die gesamte Waldflä-  schaftliche Erkenntnisse und
                                                                         che beziehen, blauäugig   mit  sachlicher  Hingabe.  Auch
             ter anderen Rahmenbedingun-  und nicht empirisch begründet   und wenig zielorientiert. Der Kli-  hier müssen Konzepte überdacht
             gen gesammelt wurden, nur noch   sind. Ähnliches gilt auch für die   mawandel ist die eigentliche Be-  werden, wie z.B. das Beharren
             bedingt auf die zu erwartenden   von Greenpeace e. V. in Auftrag   drohung des Waldes, nicht seine   auf heimischen Baumarten. Si-
             klimatischen Entwicklungen an-  gegebene und 2018 veröffent-  Bewirtschaftung. Selbstverständ-  cherlich sollte man diesen Baum-
             wendbar. Diese Rückspiegelme-  lichte Studie Waldvision für Klima,   lich sollte diese auch Platz für un-  arten auch weiterhin Vorrang ge-
             thode ist demnach auch nicht   Mensch und Natur, die sich als   berührte Natur lassen, aber eine   währen und durch natürliche Ver-
             zielführend in öffentlichen Debat-  Wegweiser für die Waldwirtschaft   der derzeit wichtigsten Funktio-  jüngung unterstützen, allerdings
             ten um die Zukunftsfähigkeit der   der kommenden Jahrzehnte ver-  nen des Waldes, die langfristige   werden auch andere Arten unter
             Forstwirtschaft. Die Forderung   steht. Demnach sollen Bäume   Entnahme von Kohlenstoff aus   zukünftigen klimatischen Be-
             etwa, meist von besagten Fern-  erst dann geerntet werden, „wenn   der Atmosphäre und dauerhafte   dingungen hier heimisch sein.
             sehförstern vertreten, mehr auf   sie älter und dicker sind“, und es   Nutzung von Holz, muss gerade   Diesen Prozess kann und muss
             den oft gepriesenen artenreichen   soll „seltener und weniger stark in   jetzt beibehalten werden. Wie   man fördern, dem Walde zuliebe.
             Laubmischwald als resilienten   den Wald eingegriffen“ werden,   sonst sollen die Klimaziele er-  Dass der zukünftige Wald dabei
             Wald der Zukunft zu setzen, ist in   um den Vorrat an dicken Bäumen   reicht werden, um den uns folgen-  anders aussehen wird als der
             Anbetracht der hohen Absterbera-  im Vergleich zur herkömmlichen   den Generationen einen bewohn-  den wir lieben gelernt haben, ist
             ten von Laubbaumarten (Abb. 1)   Bewirtschaftung fast zu verdrei-  baren Planeten zu hinterlassen?   logisch aber unvermeidbar.  n
             und der geringen Vitalität in vie-  fachen. Weltweit gesammelte
             len artenreichen Mischbeständen   Daten zeigen aber, dass gerade
             nicht schlüssig (Abb. 2). Zudem   große und alte Bäume unter   Zum Autor
             haben Studien aus den USA und   Dürre am meisten leiden, und
             Kanada gezeigt, dass Absterberi-  es ist damit zu rechnen, dass   Henrik Hartmann leitet die Ar-
             siken unter klimatisch extremen   Wälder unter zukünftigen klima-  beitsgruppe Pflanzen Allokation
             Bedingungen mit wachsender Ar-  tischen Bedingungen generell   am Max-Planck-Institut für Bio-
             tenvielfalt sogar ansteigen können,   jünger und kleiner werden. Große   geochemie. Er ist unter anderem
             da artenreiche Wälder oft größere   und alte Bäume sind Stress stär-  Koordinator der IUFRO-Arbeits-
             Biomassevorräte haben, die dann   ker ausgesetzt, der mit dem Kli-  gruppe zur Überwachung von
             nur unzureichend mit Ressourcen   mawandel einhergeht, da sie   Mustern und Trends der welt-
             versorgt werden. Natürlich kann   mehr Biomasse mit der knapper   weiten Baumsterblichkeit sowie
             dies kein Argument für den Ausbau   werdenden Ressource Wasser   Mitglied des Kernteams des International Tree Mortality Network.
             von Monokulturen sein, jedoch un-  versorgen müssen. Die Debatte   1992 wanderte er für mehrere Jahre nach Kanada aus, worüber
             terstreicht es die Unsinnigkeit von   über die Zukunft des Waldes und   er heute schreibt: „Nach mehreren Jahren eines selbstgewählten
             einfachen Lösungsansätzen, die   wie diese gestaltet werden soll   ‚Exils‘ in der kanadischen Wildnis – ich lebte in einem Holzcamp
             zwar zunächst schlüssig und rich-  muss auf wissenschaftliche Er-  ohne Strom und fließendes Wasser – beschloss ich, dass das
             tig erscheinen mögen (wer würde   kenntnisse und Fakten bauen,   moderne Leben doch nicht so schlecht war.“
             schon Vorteile von Vielfalt intuitiv   nicht auf Überzeugungen und   Kontakt: hhart@bgc-jena.mpg.de
             anzweifeln?), aber nur emotional   Wunschvorstellungen.

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