Page 17 - Holzforum Fachmagazin 4/2021
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Umfrage
keit, digitale Prozesse bzw. Prozesslandschaften zu definieren, die sowohl denken, mit welchen Substituten, sprich anderen Holzarten, wir künf-
in Richtung der Lieferanten als auch in Richtung der Kunden die Zusam- tig verstärkt arbeiten werden. Alternativ müssen wir uns die Frage
menarbeit optimieren. Für die zukünftige digitale Vertriebsfähigkeit ist es stellen, ob wir nicht auch verstärkt Holzprodukte benötigen, die die
zwingend erforderlich, den Online-Kanal als ganzheitliche Customer Expe- gleichen Eigenschaften mit weniger Holzeinsatz erzielen? In diesem
rience-Plattform zu positionieren. Ein Großteil des Kundendialogs wird künf- Zusammenhang schließt sich die Frage an, wie die Forschung und
tig höchstwahrscheinlich virtuell erfolgen. Das bedeutet aber auch, dass Entwicklung bei der Industrie zu diesem Punkt aussieht? Wir sollten
Vertriebsorganisationen und Vertriebsmitarbeiter für virtuelle Verkaufsum- aber bei allen aktuellen Fragestellungen nicht vergessen, dass unsere
gebungen geschult werden müssen. Es gilt zu verstehen, wie der Kunde Wälder nicht nur CO -Speicher sein dürfen, sondern nach wie vor
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mit dem Unternehmen interagiert, über welche Kanäle er kommuniziert, auch Rohstofflieferant im Rahmen einer nachhaltigen Bewirtschaf-
Transaktionen (z. B. Käufe) abwickelt und wie dieses Gesamtbild in der tung sein müssen.
Kundenreise, der Customer Journey, aussieht. Hier gibt es Nachholbedarf. Mit Blick auf die aktuelle Marktentwicklung und die damit verbun-
denen Lieferengpässe erwarten wir in den nächsten Monaten eine spür-
Rützel: Die Wettbewerbsintensität in der Holzbranche auf der bare Entspannung, die uns wieder in ein ruhigeres Fahrwasser führen
5Handelsstufe ist nach wie vor vornehmlich von der Konkurrenz sollte. Festhalten lässt sich, dass der starke Anstieg der Holzpreise in
der Holzhändler geprägt. Dabei gibt es heute aber keine Funktionen den letzten Wochen und Monaten unserem Geschäft insgesamt nicht
mehr, die der Holzhandel „besitzt“. Es gibt nur die Bündelung von Auf- gutgetan hat. Das zeigt sich deutlich an der zuletzt rückläufigen Nach-
gaben auf dem Weg der Ware vom Produzenten zum Endabnehmer. frage aufgrund der Preissituation. Getrieben durch die hohe Nachfrage
Alle – nicht nur der Baustoffhandel mit dem Holzhandel – konkurrieren in globalisierten Märkten, sind die Preise viel zu schnell und viel zu weit
mit allen, und nur die Leistung im Wettbewerb entscheidet. „Survival nach oben geklettert.
of the Fittest“ bedeutet im Sinne der Darwin’schen Evolutionstheorie Die aktuelle Preisentwicklung lässt sich am besten mit dem Satz:
das Überleben der am besten angepassten Individuen. Wer sich nicht „After a hard party there is a hard hangover“ beschreiben. Wie stark
weiterentwickelt, bleibt häufig auf der Strecke. Dies gilt auch für die dieser „hangover“ sein wird, hängt vom Herbstgeschäft ab, denn noch
Holzbranche im Allgemeinen und den Holzhandel im Besonderen. sind die Lager bei Handwerk und Handel gut gefüllt und die Ein-
kaufstätigkeiten des Handels eher verhalten.
Rützel: Das ist sicherlich ein Zukunftsthema, das aber noch nicht
6flächendeckend im Holzhandel angekommen ist. Pfeil: „Think local, not global“ ist unserer Meinung nach ein wich-
2tiger und richtiger Ansatz, um unsere Lieferketten und Beschaf-
Rützel: Unbedingt. Die Gründe sind überzeugend: Holz schützt das fungsmärkte besser im Griff zu haben. Parallel sind derzeit viele Fra-
7Klima, Holz wächst nach, Holz ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor gen offen: Wie wird der Handel mit dem Verhalten einiger Lieferanten
und ein hochentwickelter Baustoff. Mit Holz können Sie Ihren Bau vielfäl- in den letzten Wochen und Monaten künftig umgehen? Akzeptiert und
tig gestalten, es eignet sich hervorragend für die Vorfertigung und hat vergisst man dies schnell wieder oder ist der Vertrauensverlust doch
besondere statische, haptische und technische Eigen schaften. Wenn die größer und sucht man sich für die Zukunft verlässlichere Partner?
Branche es versteht, durch ein zukunfts orientiertes Marktverhalten mit Wie schnell kommen wir wieder in einen Käufermarkt? Weiter ent-
Augenmaß „Holzkunden“ zu behalten und nicht in andere Materialien zu scheidend wird aber sicherlich die Frachtkapazität sein, da dies für
vertreiben, sehe ich für Bauen mit Holz eine rosige Zukunft. uns alle eine schwierige Aufgabe ist und sein wird.
Stefan Pfeil: Be- Pfeil: Generell wird der Weg aus der Pandemie für Deutschland
1trachtet man den 3und viele weitere Länder nicht so leicht werden. Ein Thema bleibt
Rohstoffmangel, ins- der Warenhandel mit allen damit verbundenen Aufgaben und Heraus-
besondere mit Blick forderungen, die uns weiter beschäftigen werden. Das Thema Digita-
auf unsere Wälder, lisierung – und da erzähle ich nichts Neues – hat durch die Pandemie
so lässt sich schnell auf allen Ebenen deutlich an Fahrt aufgenommen und wird sich dem-
sagen, dass es un- entsprechend weiter auf den Holzmarkt auswirken.
sere Hauptbaumart
Stefan Pfeil, Arne Blöcker, Fichte mit Blick nach Arne Blöcker: Wie bereits in der vorherigen Frage beschrieben,
Eurobaustoff Eurobaustoff
Bereichsleiter Holz Bereichsleiter vorne sehr schwer 4wird sich die Digitalisierung auch im Holzhandel noch stärker
und Bauelemente Produktdaten- haben wird. Daher niederschlagen als bisher. Diese Entwicklung hatte sich ja auch be-
management/ sollten wir bereits reits in ihrer letzten Umfrage deutlich abgezeichnet. Eine konkrete
Digitalisierung
heute darüber nach- Schätzung, wieviel der Wertschöpfung im Holzhandel aktuell digital
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HF2021-04_Buch.indb 17 20.10.2021 15:52:19