Page 54 - Holzforum Fachmagazin 1/2021
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Titel Interview
ten der letzten drei Jahre als eine Jordan: Bis jetzt ist unsere Bran- speziell im Handwerk weiter ver-
direkte Folge der Klimaerwär- che wie der gesamte Bereich ändern. Für einen Großhändler
mung und Trockenheit teilweise Bau und Ausbau wirtschaftlich könnte das so aussehen: Wenn
in der Existenz getroffen ist. Ge- im Großen und Ganzen ver- mein Profi-Kunde seinem Kun-
nerell ist eine Unternehmens- schont geblieben. Es gibt keine den ein Angebot macht, soll er
steuerreform sinnvoll, die zur Anzeichen, die darauf hindeuten, meine Kalkulationen, Artikel-
weiteren Stärkung des Eigenka- dass sich das ändert. Ich bin in stammdaten und Bilder nutzen.
Und wenn der Auftrag an mei-
nen Kunden erfolgt ist, soll er
über meine Warenwirtschaft
automatisch einen Auftrag aus-
lösen. Das wäre digitale Integra-
tion. Zweitens: Hybride Arbeits-
modelle. Das berufliche Arbeiten
in den heimischen vier Wänden
dürfte in hybrider Form beibehal-
ten werden – Homeoffice ist ge-
kommen, um zu bleiben. Die At-
traktivität als Arbeitgeber hängt
auch in unserer Branche davon
ab, wie kreativ und flexibel die
Unternehmen reagieren.
Welche Handlungsfelder se-
hen Sie bei der Digitalisie-
rung und wie wird diese die
Olaf Rützel: „Es wird digitalisiert pitals führt und bei der Betriebs- dieser Beziehung vorsichtig op- Holzbranche verändern?
was digitalisierbar ist. Es wird übergabe den Holzhandel stärkt. timistisch. Allerdings müssen
automatisiert, was automatisierbar
ist. Es wird vernetzt, was vernetz- sich die Unternehmen auf die Jordan: Wir stecken mittendrin,
bar ist.“ Rützel: 2020 hat die Bundesre- neue „Corona“-Normalität ein- sehen aber für den Holzhandel
gierung versucht, mit einer Mehr- stellen und auch die sich gege- auch große Chancen, wenn er
wertsteuersenkung den Konsum benenfalls eröffnenden Chan- sich rechtzeitig und mit geeig-
anzukurbeln. Wenn man diesen cen ergreifen. Eine Krise ist zu- neten Maßnahmen darauf ein-
Gedanken weiterspinnt, könnte gleich auch ein Katalysator. Sie richtet. Wenn es der Branche al-
man zum Beispiel auch über beschleunigt bereits vorhandene lerdings nicht gelingt, sich effizi-
eine reduzierte Mehrwertsteuer Entwicklungen, wie die digitale enter zu vernetzen und Prozesse
auf Holz und Holzprodukte nach- Transformation und die Nutzung zu digitalisieren, hat sie nicht nur
denken. Dann würde der Ver- des Internets als zusätzlich not- im Wettbewerb um die besten
braucher belohnt, wenn er sich wendigen Absatzkanal. Beschaf- Köpfe das Nachsehen, sondern
beim Renovieren, beim Neubau fungsseitig steigt der Handlungs- wird auch angreifbar gegenüber
oder bei der neuen Inneneinrich- druck, Wertschöpfungsketten externen Wettbewerbern. Denn
tung für einen nachwachsenden nachhaltig auszurichten. Digitalisierung trägt dazu bei,
Rohstoff entscheidet. die Betriebs- und Vertriebspro-
Rützel: Eines ist sicher, die Co- zesse in allen Stufen der Wert-
Sollte sich die Corona-Krise vid-19-Pandemie wird uns auch schöpfungskette zu optimieren.
noch das Jahr 2021 über 2021 in allen Lebensbereichen Dabei ist die Qualität der Daten
hinschleppen – was wir alle weiterhin beschäftigen. Nur zwei der größte Wettbewerbsfaktor.
nicht hoffen – mit welchen Beispiele: In unserer Branche Und hier weist die Holzbranche
Auswirkungen rechnen Sie? werden sich Kundenbedürfnisse noch große Defizite auf. Der
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