Page 3 - Holzforum Ausgabe 2/2024
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Kommentar
Nachhaltig, aber sozial
Irgendwann einmal – es wirkt, als wäre es vor Unzeiten gewesen – sagte ein Refe-
rent auf einem Kongress, das Internet werde wieder verschwinden, wie einst BTX.
Wer sich nicht mehr daran erinnert: BTX (Balanced Technology Extended, übersetzt-
Bildschirmtext) war eine Art Vorläufer des Internets, betrieben von der Deutschen
Post, wurde aber mangels Erfolg 2001 abgeschaltet. Der Vergleich mag etwas hin-
ken: Aber manche mögen sich immer noch der Illusion hingeben, dass es sich mit
dem Megatrend Nachhaltigkeit ebenso verhält, dass der Anspruch, der sich damit
verbindet, irgendwann wieder einer Normalität Platz macht, wie sie früher einmal
gelebt wurde. Dies allerdings ist sehr unwahrscheinlich. Denn auch wenn das Wort
inzwischen dramatisch inflationär gebraucht wird und sich dadurch auch eine ge-
wisse Überdrüssigkeit einstellen mag: Der Anspruch, der dahinter steht, durchdringt
inzwischen alle Teile der Gesellschaft. Mit dem Wort verknüpft sich ein klar umris-
senes Konzept, das auf drei Säulen ruht: Ökonomie, Ökologie und Soziales. Jedes
dieser Themen hat seine Berechtigung. Damit geraten alle Bereiche, die für eine moderne Ausrichtung eines
Betriebes gelten, in den Blick. Da ist zunächst die Ökonomie. An einer profitablen Ausrichtung eines Unter-
nehmens kommt niemand vorbei, auch nicht in Zeiten einer zunehmenden Subventionitis. Zudem wirken
manche Auflagen, die aus Gründen der Umweltverträglichkeit Betrieben auferlegt werden, als eine Art Ertüch-
tigungsprogramm. Man denke nur an den immer effizienteren Einsatz von Energie. Dann ist da der Aspekt
der Ökologie. Auch wenn an der einen oder anderen Auflage, die aus Brüssel oder Berlin kommt, berechtigte
Zweifel geäußert werden, so ist doch nirgends aus der Branche eine grundsätzliche Kritik an der zunehmen-
den Bedeutung umweltgerechten Wirtschaftens zu hören. Bleibt der Aspekt des Sozialen. Dieser ist mithin
am schwersten zu fassen. Bezieht er sich auf das eigene Unternehmen? Auf die eigenen Mitarbeiter? Reicht
es mithin, eine gesellschaftlich propagierte Diversität in der eigenen Belegschaft abzubilden? Oder geht der
Anspruch doch deutlich darüber hinaus? Die Version mit dem weitgehendsten Ansatz nimmt die kommenden
Generationen in den Blick und will diesen eine lebenswerte Umwelt hinterlassen. Doch läuft dieses Verständ-
nis auch etwas Gefahr, die Aufgaben in die Zukunft zu verschieben. Zudem verweist dieser Ansatz eigentlich
auf die beiden ersten Kategorien der Ökonomie und der Ökologie. Griffiger ist da der Anspruch des Lieferket-
tengesetzes, auch soziale Aspekte in anderen Ländern in den Blick zu nehmen und mithin über den Tellerrand
hinauszublicken. Allerdings lässt dies auch an einen Satz aus der Pädagogik denken: Man kann anderen nur
helfen, wenn es einem selber gut geht. Auch soziale Nachhaltigkeit darf also durchaus berechtigterweise das
Eigeninteresse im Auge behalten.
Ihnen wie immer viel Spaß beim Lesen und erfolgreiche Geschäfte.
Harald Bott Tel.: 07243/575-202
h.bott@daehne.de
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