Page 3 - Holzforum Ausgabe 1/2024
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Kommentar












                              Zunehmende



                              Verunsicherung








                                             Wenn man sich zurzeit in Deutschland umsieht, reibt man sich die Augen. Viele Jahrzehnte
                                             galt der soziale Friede als einer der entscheidenden Standortvorteile im internationalen
                                             Wettbewerb. Streiks waren eher die Ausnahme und wenn sie stattfanden, waren sie mo-
                                             deriert durch verantwortungsbewusstes Handeln in Beziehung zu gemeinsamen Zielen.
                                             Diese Zeiten sind wohl vorbei. Stattdessen jagt ein Streik den nächsten – die Landwirte,
                                             die Eisenbahner, das Sicherheitspersonal an den Flughäfen und so weiter. Jede Berufs-
                                             gruppe scheint nur noch die eigenen Interessen zu verfolgen und das Große und Ganze
                                             als notwendige Voraussetzung für ein gemeinsames Gelingen aus dem Blick zu nehmen.
                                             Diese teilweise unverhältnismäßig wirkenden Streiks sind aber nicht nur Ausdruck eines
                                             grassierenden Gruppendenkens, sondern auch der zunehmenden Verunsicherung der
                                             Menschen über die Zukunft des Landes. Das englische Wirtschaftsblatt Financial Times
                              hat den Zustand der deutschen Wirtschaft kürzlich so beschrieben: Er gleiche einem Autounfall in Zeitlupe.
                              Natürlich: Auf der Suche nach Ursachen fallen einem schnell die Corona-Pandemie und der Krieg in der Uk-
                              raine ein. Doch reicht dieser Erklärungsansatz?
                                Was gab es noch? In Stuttgart fand wieder die Messe Dach und Holz statt. Die Veranstaltung zeigt: Messen
                              sind wieder gefragt. Wer nach der Corona-Pandemie glaubte, das Meiste liefe nur noch virtuell ab, musste
                              sich eines Besseren belehren lassen. Den direkten menschlichen Kontakt kann eben keine Online-Konferenz
                              adäquat ersetzen. Der Veranstalter der Fachmesse, die GHM Gesellschaft für Handwerksmessen mbH, je-
                              denfalls war mit dem Verlauf der vier Messe-Tage höchst zufrieden (den Nachbericht finden Sie auf Seite 39).
                              Vor allem am Messe-Mittwoch waren die Hallen sehr gut gefüllt. Natürlich war dem ein oder anderen Gespräch
                              auch die Sorge über die konjunkturelle und wirtschaftliche Entwicklung im Allgemeinen und am Bau im Be-
                              sonderen zu entnehmen. Doch der Zuspruch und der Wille, das Beste daraus zu machen und erfolgreiche
                              Wege aus der Krise zu suchen, war groß. Und ein weiterer Punkt lässt sich positiv hervorheben: Über die
                              Hälfte der Messebesucher war unter 40 Jahre alt. Das gibt zumindest einen kleinen Hinweis darauf, dass
                              Handwerksberufe doch wieder stärker an Attraktivität gewinnen.





                                                                                          Tel.: 07243/575-202
                                   Harald Bott                                            h.bott@daehne.de













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