Page 3 - Holzforum Ausgabe 4/2018
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Kommentar
Arbeiten an der Zukunft
Der deutsche DIY-Handel rüstet derzeit digital mächtig auf. So hat Obi beispielsweise in
Köln – nicht am Stammsitz in Wermelskirchen – seine Obi-next-Dependence errichtet.
Rund 120 überwiegend junge Menschen arbeiten dort daran, das Unternehmen entlang
dem erklärten Ziel von Firmenchef Sergio Giroldi zum führenden kundenorientierten
Cross-Channel-Baumarktbetreiber weiterzuentwickeln.
Auch die Hornbach-Gruppe greift für die digitale Transformation des Baumarkt-Einzel-
handelsgeschäfts tief in die Taschen. Allein im Geschäftsjahr 2017/18 (1. März 2017 bis
28. Februar 2018) hat der Konzern mehr als 60 Mio. Euro in den Ausbau seines Mehr-
kanalhandels investiert. Das waren gut 13 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Insgesamt
soll sich die Summe, die Hornbach bis 2020 in die Digitalisierungsstrategie steckt, auf
400 Mio. Euro summieren.
Die Hagebau treibt das Thema besonders um. Dort arbeitet man an einer grundlegenden Neu-
ausrichtung. Auf der jüngsten Gesellschafterversammlung in Dresden forderte Jan Buck-Emden,
Sprecher der Hagebau-Geschäftsführung, nichts weniger als eine radikale Veränderung. Auch in
Soltau sollen es Projektgruppen richten, wenn auch nicht so üppig ausgestattet wie bei Obi. Zu-
dem werden dort im Branchenvergleich eher bescheidenere Investitionssummen genannt – viel
zu bescheidene, wie Kritiker meinen – um die gesteckten Ziel zu erreichen.
Getrieben werden die Akteure vor allem durch die wachsende Konkurrenz von Amazon und
Alibaba. Angeblich will der chinesische Internet-Gigant in den kommenden fünf Jahren 15 Milliar-
den Dollar in ein globales Logistiknetzwerk stecken, um es mit Amazon aufnehmen zu können.
Kein Wunder, dass bei diesen gigantischen Summen nicht nur bei den Baumarktbetreibern die
Alarmglocken läuten.
Bei all der Aufbruchsstimmung – kann, darf man es so nennen? – irritiert ein Forschungsergeb-
nis, das nun der US-amerikanische Wissenschaftler Robert J. Gordon veröffentlicht hat (siehe
auch Bericht S. 40). In seinem voluminösen Werk, indem er das US-amerikanische Wachstum der
zurückliegenden 120 Jahre detailliert betrachtet, kommt der Ökonom zu dem Schluss, dass die
Wachstumsphase durch Digitalisierung bereits vorbei sei. Man sehe den Einfluss des Computer-
zeitalters überall, schreibt Gordon, außer in den Wachstumsraten. Nimmt man beide Informationen
zusammen, immense Investitionen auf der einen Seite, geringe Wachstumschancen auf der an-
deren, wird deutlich, dass es sich nur um einen klaren Verdrängungswettbewerb handeln kann.
Die Verteilungsspielräume dürften dadurch nicht unbedingt größer werden. Auch der Holzhandel,
so viel ist klar sein, wird davon nicht unberührt bleiben.
Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihnen
Harald Bott
Tel.: 07243/575-202
h.bott@daehne.de
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