Page 14 - Holzforum Ausgabe 2/2023
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Handel         Lieferkettengesetz





           „Je größer das Risiko,



           desto mehr Kontrollen“






           In Deutschland ist das Lieferkettengesetz bereits in Kraft.
           Doch derzeit wird auf europäischer Ebene an einem weiter

           führenden Entwurf gearbeitet. Ein Interview mit Bernd Lange,
           dem Vorsitzenden des Handelsausschusses im EU-Parlament.


           Herr Lange, was konkret er-  Es gilt zunächst für Unter-  reichische Unternehmen ist dann
           warten Sie sich vom LkSG?  nehmen mit 3.000, ab dem   begrenzt. Gerade in einem tief
                                      kommenden Jahr dann auch   integrierten Markt, wie dem eu-
           Das deutsche Lieferketten-Ge-  für solche ab 1.000 Mitarbei-  ropäischen Binnenmarkt, brau-
           setz verpflichtet große Unterneh-  tern. Gibt es bereits Überle-  chen wir natürlich einheitliche   entiert arbeiten. D. h. natürlich
           men ihre Sorgfaltspflicht für die   gungen den Gültigkeitsbe-  Regeln. Entscheidend wird sein,   auch, dass es eine Datenbank
           Lieferkette zu schärfen. Damit   reich weiter auszudehnen?  dass wir die gesamte Lieferkette   geben muss, gerade für KMU,
           wird eine andere Sichtweise auf                       in den Blick nehmen, durch aus   in der potenzielle Risiken aufge-
           die bisherige Art und Weise, der   Natürlich wird das deutsche   mit geteilter Verantwortung für   führt werden sowohl hinsichtlich
           nur auf „low cost“ und effizienz-  Gesetz im Kontext der europäi-  die unterschiedlichen Ebenen der   einzelner Länder wie auch einzel-
           orientierten Gestaltung von Lie-  schen Gesetzgebung angepasst   Lieferkette, aber eben Verantwor-  ner Unternehmen. KMU sind al-
           ferketten, eröffnet. Zentrales und   werden müssen. Die Position des   tung für alle.  leine sicherlich nicht in der Lage
           richtiges Element ist die Einrich-  Europäischen Parlaments um-                   Lieferanten und Unterlieferanten
           tung eines Risikomanagements,   fasst Unternehmen mit mehr als   Die Umsetzung des Gesetztes    rund um den Globus zu überprü-
           um die Risiken von Menschen-  250 Mitarbeitern und einen welt-  bringt einen erheblichen büro-   fen. Solch eine Datenbank, basie-
           rechtsverletzungen und Schä-  weiten Nettoumsatz von mindes-  kratischen Aufwand mit sich.    rend auf künstlicher Intelligenz,
           digungen der Umwelt zu iden-  tens 40 Millionen Euro.  Wird es für KMUs Hilfen geben?  mit aktuellen Informationen von
           tifizieren, zu vermeiden oder zu                                                  offiziellen Stellen und zivilgesell-
           minimieren. Das Gesetz legt dar,   Die Praxis zeigt, dass die Un-  Der „Check-List-Ansatz“ ist ein   schaftlichen Organisationen, ist
           welche Präventions- und Abhilfe-  ternehmen die Verantwortung   sehr formaler Ansatz. Es werden   zentral für eine einfache Handha-
           maßahmen notwendig sind, ver-  für die Einhaltung des Ge-  circa 500 Fragen gestellt, die zu   bung der Sorgfaltspflichten. KMU
           pflichtet zu Beschwerdeverfah-  setzes oft an ihre Zulieferer   beantworten sind, die mitun-  werden höchstwahrscheinlich
           ren und regelmäßiger Berichter-  weiterreichen, mitunter auf   ter an Zulieferer weitergegeben   gänzlich aus der Richtlinie aus-
           stattung. Unmittelbar gilt es für   der Grundlage sehr unter-  werden und von denen zu beant-  genommen. Zudem werden erst
           den eigenen Geschäftsbereich   schiedlicher Regelungen …  worten sind. Dies wird dann bei   nach und nach die Unternehmen
           sowie gegenüber unmittelbaren                         der Bafa (Bundesamt für Wirt-  in die Richtlinie integriert. Letzt-
           Zulieferern. Sicherlich wird es   Das deutsche Gesetz hat einen   schaft und Ausfuhrkontrolle)   endlich werden Unternehmen
           auch eine Ausstrahlung auf wei-  bestimmten Ansatz, ich nenne   eingereicht. Auf der russischen   mit 250 Mitarbeitern und weni-
           tere Bereiche haben, so dass das   ihn mal „Check-List-Ansatz“. Das   Ebene verfolgen wir einen etwas   ger als 150 Millionen Euro Um-
           Gesetz eine gute Vorbereitung   gibt in der Tat die formale Mög-  anderen Ansatz. Wir konzentrie-  satz, erst circa fünf Jahre nach
           auf die europäische Gesetzge-  lichkeit, Verantwortung weiter zu   ren uns auf Risikobereiche. Denn   Umsetzung der Richtlinie die ent-
           bung ist. Die Unsicherheiten von   reichen. Und damit auch exterri-  es macht einen Unterschied, ob   sprechenden Sorgfaltspflichten
           Lieferketten haben wir alle in den   toriale Wirkungen zu erzielen,   ein Ahornsirup aus Kanada im-  leisten müssen. Obwohl auch im
           letzten Monaten erlebt. Das Lie-  wie es z.B. auch hinsichtlich von   portiert wird oder ein T-Shirt   europäischen Ansatz die KMU
           ferkettengesetz macht Lieferket-  Zulieferern aus Österreich der   aus Bangladesch. Und deswe-  mit unter 250 Beschäftigten von
           ten transparent und stabiler.  Fall ist. Der Spielraum für öster-  gen wollen wir stärker risikoori-  dem Gesetzgebungsprozess

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