Page 49 - Holzforum Ausgabe 3/2022 + Sonderheft Trends
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Betriebs-
Mitarbeiterbindung führung
Reisende soll man
nicht aufhalten?
Wie müssen sich Handwerksbetriebe verhalten, um Angestellte zeit ist immer auch Lebenszeit.
nicht zu verlieren. „Da möchte sich kein fachlich
gut ausgebildeter Handwerker
unter Wert verkaufen.“ Arbeitge-
Für die eigene Karriere ist es si- in einem Betrieb zu halten“, sagt Schwachstellen zu verbessern. ber im Handwerk müssten da-
cher hilfreich, Erfahrungen bei Schöpker. Gerne werde dabei Dabei genüge es nicht mehr, in her lukrative Voraussetzungen
verschiedenen Arbeitgebern zu auf ein höheres Gehalt, mehr Ur- regelmäßigen Abständen ein sol- schaffen, um eine wechselwil-
sammeln und die eigenen fach- laubstage oder ähnliche Faktoren ches Gespräch zu führen. „Fach- lige Fachkraft zum Bleiben zu
lichen und sozialen Kompeten- zurückgegriffen. Vielfach zeige kräfte wissen um ihren Wert – animieren, ist Schöpker über-
zen zu erweitern. Eine Neuori- sich aber: „Befasst sich ein Kol- denn in den Zeiten des Mangels zeugt. Hier spiele natürlich das
entierung, die für Arbeitnehmer lege wirklich mit dem Wunsch, die an hoch qualifizierten Leistungs- Gehalt eine wichtige Rolle. Hoch
perspektivisch positiv ist, wirft Firma zu wechseln, reichen diese trägern haben sie sich zu einem qualifizierte Mitarbeiter sollten
für viele Betriebe in Zeiten von Angebote in der Regel nicht aus, seltenen Gut entwickelt. Entspre- fair und marktüblich entlohnt
Fachkräftemangel extreme Pro- um ihn zum Bleiben zu bewegen.“ chend wertschätzend möchten werden. „Zudem wünschen sie
bleme auf. Insbesondere für klei- Ratsam sei – das gelte für die ge- sie auch behandelt werden.“ sich Aufstiegsmöglichkeiten und
nere Handwerksunternehmen samte Arbeitsatmosphäre – eine Wichtig sei es daher, die Kolle- Maßnahmen, die ihre persönli-
kann sich aus einer Fluktuation offene Kommunikation. Dabei gen nach guten Ergebnissen bei che Entwicklung ermöglichen“.
von gut ausgebildeten Gesellen gelte es immer, die Wünsche und der Arbeit nicht nur zu loben, Auch im Handwerk sei es nicht
und Meistern eine existenzielle Bedürfnisse der Mitarbeiter in Er- sondern ihnen Aufstiegs- und mehr üblich, von früh bis spät
Bedrohung ergeben, wie Sven fahrung zu bringen. Der von oben Weiterbildungsmöglichkeiten, alle Kraft für die Firma einzu-
Schöpker weiß. Er ist sich sicher, herab agierende Vorgesetzte sei individuelle Privilegien und ähn- bringen. „Betriebe, die eine an-
dass es vielen Fachkräften nicht längst überholt. liche Vorzüge zu bieten. gemessene Bezahlung und eine
ausschließlich um ein höheres Ebenso gehöre es zur ge- „Doch die Fachkraft sieht gute Work-Life-Balance bieten,
Gehalt geht und sie oft schon lungenen Kommunikation, den sich nicht als Einzelperson. Sie müssen sich keine Gedanken
mit relativ geringen Mitteln im Mitarbeitern ein faires Feedback weiß, dass sie ihre Stärken nur um den Fachkräftemangel ma-
Betrieb gehalten werden können. über ihre Leistungen zu geben dann ausspielen und zum Wohle chen. Ihnen wird es stets gelin-
„Es gibt unterschiedliche und ihnen so zu helfen, Stärken des Betriebs einbringen kann, gen, gute Mitarbeiter zu finden
Möglichkeiten, um Mitarbeiter künftig besser zu nutzen und wenn ein optimales Arbeitsum- und zu halten.“
feld geboten wird.“ Dazu ge- Sven Schöpker ist Gründer
höre eine Belegschaft, in der die des Architektur- und Handwerks-
schnelle Integration neuer Kolle- unternehmens Raumfabrik an
gen, gegenseitige Hilfe und ein den Standorten Münster, Düssel-
starker Zusammenhalt jederzeit dorf und Norderney. Das Unter-
gelebt werden. nehmen führt Renovierungspro-
Eine gute Führungspersön- jekte mit derzeit 15 Architekten
lichkeit wisse, wie wichtig das und rund 40 Handwerksunterneh-
gegenseitige Kennenlernen un- men durch. Der gelernte Hand-
tereinander und der Aufbau einer werker und studierte Betriebs-
Vertrauensbasis ist. wirt gibt nach dem Modell „Aus
Jeder Mensch möchte seine der Praxis für die Praxis“ seine
Leistung möglichst gewinnbrin- Expertise im gesamten deutsch-
Sven Schöpker weiß, wie man Fachkräfte halten kann. gend einsetzen, aber Arbeits- sprachigen Raum weiter. n
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