Page 16 - Holzforum Fachmagazin 2/2021
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Handel Interview
„Öfters einsam im Bundestag“
Dr. Christoph Hoffmann ist der einzige Abgeordnete im Bundes- det bei den Maschinenherstellern,
tag mit einer Forstlaufbahn. Holzforum sprach mit ihm über statt beim Waldbauern.
Die Bundesregierung hat we-
Klimawandel, Bürokratie und das Lieferkettengesetz. Teil II des der eine klare Übersicht über die
Interviews lesen Sie in der Ausgabe Holzforum 3/2021. Schadenshöhe und Dynamik
noch ein Konzept für die wirkli-
Sie sind der einzige Bun- Dr. Christoph Hoffmann: Ich bin reicherung mich in neuen Situa- chen Probleme und die anste-
destagsabgeordnete mit ei- in der FDP-Fraktion umgeben tionen zurechtzufinden, aus der henden enormen Aufgaben. Es
ner Forstlaufbahn. Wie fühlt von kompetenten Praktikern. Es Wohlfühlzone auszubrechen und genügt nicht, einfach wieder Geld
man sich als Praktiker unter gibt Landwirte und Handwerker, mit Menschen in Kontakt zu treten ins Schaufenster zu stellen. Statt-
so vielen Beamten, Juristen deren praktische Expertise uner- und „Dinge“ anzupacken, ohne vo- dessen brauchen wir politische
und anderen Theoretikern? lässlich ist, um allen Themen ge- rangegangene Papierwege. Konzepte:
recht zu werden. Das sind wohl die Charak- • Mehr Waldflächen für den Kli-
Dr. Christoph Hoffmann: Was mich selbst betrifft, so terzüge eines Praktikers, die maschutz.
„Wir brauchen mehr Wald für den
Klimaschutz.“ verstehe ich mich als Praktiker, dann bei mir durchkommen. • Waldbaustrategien für höhere
da ich Bäume fällen Man fühlt sich öfters einsam Holzvorräte als Kohlenstoff-
kann, Holz verkauft im Bundestag und fremdet mit speicher sowie mehr Holzver-
habe und als Forst- den praxisfernen Diskussionen wendung im Bau.
amtsleiter und später um langatmige Formulierungen • Langfristige Hilfen und einen
Bürgermeister eine für komplizierte Förderantrags- Umbau des Waldes für mehr
Verwaltung geleitet verfahren. Das Ziel muss sein, Klima-Resilienz.
habe, die Probleme schnell auf Probleme zu reagie- • Überarbeitung des Forstschä-
löst und nicht aus- ren und es so einfach wie mög- denausgleichsgesetzes, um
sitzt, wegdelegiert lich umzusetzen. zu verhindern, dass trotz über-
oder zerredet. lastetem Holzmarkt weiterhin
Als Bürgermeis- Bürokratie, hört man von vie- in öffentlichen Wäldern Frisch-
ter einer südbadi- len Seiten, ist ein immer be- holz eingeschlagen und damit
schen Gemeinde drängenderes Problem … öffentliches Kapital vernichtet
hatte ich als Wald- wird.
besitzer mit der Hoffmann: Bürokratie macht Um die deutschen Wälder zu
nachhaltigen Wald- staatliches und privates Handeln schützen brauchen wir auch we-
wirtschaft zu tun. Ich langsam. Das kann bis zur Zerstö- niger Bürokratie, weniger kompli-
war dann also auch rung der Demokratie führen. Wir zierte Förderinstrumente und vor
auf der anderen Seite erleben es ja gerade bei Corona, allem eine nachhaltige Strategie
der Forstverwaltung wie schnell wir da an die Grenzen zum Umbau und Aufforstung der
- nämlich als de- kommen. Wälder.
ren Kunde, zudem Ein Beispiel aus dem Waldbe- Einfacher ist eine CO2 Prä-
war ich 25 Jahre reich sind die Förderprogramme mie für Holz- für die Waldbesitzer.
lang als Förster im für existenzgefährdete Waldbesit- Also nicht nach Fläche, sondern
Staatsdienst tätig. zer. Mit relativ aufwändigen und nach gespeichertem CO2, sprich
Ich kenne also auch praxisfernen Förderansätzen geht Zuwachs an Holz. Das ist einfa-
die theoretische Seite viel Geld und Kraft verloren, nicht ches, wirksames Instrument.
ausreichend gut. nur bei staatlichen Stellen. Ein Auf europäischer Ebene ist
Ich empfinde es Fördersatz für Forstmaschinen das Problem ein anderes: Dort
jedoch als eine Be- von 40% ist überzogen und lan- werden die Regeln zum Schutz
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