Page 20 - Holzforum Ausgabe 2/2020
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Handel Kreislaufwirtschaft
„Lex Amazon“ heftig umstritten
Das Bundeskabinett hat eine Neuregelung des Kreislaufwirt Neben Obhutspflicht und
schaftsgesetzes auf den Weg gebracht, die Händler und Transparenzverordnung ist au-
ßerdem geplant, bei der öffentli-
Hersteller in Zukunft stärker belasten könnte und von Handels chen Beschaffung die Nachfrage
verbänden bereits scharf kritisiert wird. nach recyceltem Material zu er-
höhen. Künftig sollen die 6.000
Auch auf Holzhandel und -indus- velle des Kreislaufwirtschafts- den, sondern gespendet oder als Beschaffungsstellen in Bundes-
trie könnten in Zukunft zusätzli- gesetzes die Abfallvermeidung B-Ware weiterverkauft werden. behörden sowie bundeseigenen
che Belastungen zukommen. verbessern und das Recycling Im Beamtendeutsch heißt das: und vom Bund beherrschten Un-
Der Grund: Das Bundeskabinett verstärken. Für die am 12. Feb- Die Händler müssten „die Ge- ternehmen Produkte aus Recyc-
hat eine Neuregelung des Kreis- ruar vom Kabinett auf den Weg brauchstauglichkeit der Erzeug- ling gegenüber Neuanfertigun-
laufwirtschaftsgesetzes auf den gebrachte Änderung haben Be- nisse“ erhalten. gen bevorzugen. Auf Grundlage
Weg gebracht hat, die Hersteller amte des von Bundesumwelt- Weiter erarbeitet das Ministe- des neuen Gesetzes müssen sie
und Händler bei der Abfallvermei- ministerin Svenja Schulze (SPD) rium derzeit eine neue sogenannte – sofern keine unzumutbaren
dung – im Besonderen bei Retou- geführten Ministeriums einen Transparenzverordnung, um nach Mehrkosten entstehen – beim
ren – künftig stärker beanspru- neuen Rechtsbegriff in das Ab- eigener Aussage „das bisher sehr Einkauf Produkte bevorzugen,
chen würde. Mehrere Verbände, fallgesetz eingeführt: die so- intransparente Vorgehen mancher die rohstoffschonend, abfallarm,
darunter der Handelsverband genannte Obhutspflicht. Diese Händler systematisch auszuleuch- reparierbar, schadstoffarm und
Deutschland (HDE), der DIHK, nimmt Händler für die von ihnen ten“. Hersteller und Händler müss- recyclingfähig sind.
der Bundesverband Bitkom und im Laden oder im Internet ver- ten danach deutlich nachvollzier- In den Bereichen öffentliche
der Mittelstandsverbund, haben kauften Artikel in die Verantwor- bar dokumentieren, wie sie mit Beschaffung und Obhutspflicht
sich bereits in Teilen gegen die tung. Im Prinzip müssen die Un- nicht verkauften Waren umge- geht die Bundesregierung da-
Neuregelung ausgesprochen. ternehmen künftig dafür sorgen, hen. Eine Möglichkeit soll sein, mit deutlich über das hinaus,
Nach eigener Aussage will dass ihre Produkte im Fall einer Produkte günstiger zu verkaufen was EU-weit vereinbart wurde.
die Bundesregierung mit der No- Rücksendung nicht zu Abfall wer- oder zu spenden. „Damit sind wir in der Europäi-
schen Union die ersten“, erklärte
Schulze bei der Vorstellung des
Gesetzestextes.
Hintergrund der beschlosse-
nen Neuregelung sind die allge-
meine Diskussion um Umwelt-
und Ressourcenschutz sowie
der Umgang von vor allem On-
line-Händlern mit Retouren. So
kam eine Studie der Universität
Bamberg aus dem Jahre 2018
zu dem Ergebnis, dass bei vier
Prozent der Retouren in Deutsch-
land die Ware von den Händlern
direkt oder indirekt in den Müll
geworfen wird. Bei einer von
den Forschern ermittelten An-
zahl von insgesamt eine halben
Milliarde Retouren wären dies
Blick ins Hochregallager eines mittelständischen Unternehmens in Deutschland. pro Jahr ca. 25 Millionen Artikel.
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