Page 43 - Holzforum Ausgabe 1/2016
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Forschungsprojekt Warenkunde
Fußboden aus Gärresten
In einem mehrjährigen Forschungsprojekt ist es erstmals und hochdichten Faserplatten.
gelungen, Gärreste aus Biogasanlagen als Rohstoff für die
Herstellung von Holzwerkstoffen zu verwenden. Bisher scheiterten alle Versuche,
Holzwerkstoffe aus Gärprodukten
zu produzieren, weil bei den ho-
hen Temperaturen, die für die Her-
Biogas wird durch Vergärung das Nova-Institut (Hürth) interes- Gesellschaft für nachhaltige stellung von Span- oder Faserplat-
von Pflanzen, Gülle und sonsti- sante Verwertungsalternativen Stoffnutzung aus Halle.
gen Bioabfällen gewonnen. Ne- untersucht. Das Projekt wurde ten notwendig sind, das ste-
ben dem gewünschten Gas blei- zwischen 2012 und 2014 zwei- In einem ersten Schritt wurde
ben bei dem Prozess auch stets einhalb Jahre lang von der untersucht, chende Gas Ammonium-Stickstoff
Gärreste in flüssiger oder fester Deutschen Bundesstiftung
Form zurück. Diese werden bis- Umwelt (DBU) gefördert. aus den Gärresten austritt.
her überwiegend als landwirt- Kooperationspartner
schaftlicher Dünger verwendet. waren die Firmen Es war daher ein Hauptziel des
In dem Projekt „Stoffliche Nut- Glunz (Holzwerkstoffe)
zung lignozellulosehaltiger Gär- und Benas (Biogas- Forschungsprojekts, eine Lösung
produkte für Holzwerkstoffe“ hat anlagen) sowie die
für dieses Problem zu
finden. Das gelang
schließlich durch
die Entwicklung
eines neuen Ver-
fahrens, bei dem
der Ammonium-Stickstoff aus den
festen, faserhaltigen Biomasse-
Bestandteilen entfernt wird. Die
Gärreste als Gesellschaft für nachhaltige Stoff-
Rohstoff mit Größenvergleich.
nutzung hat sich dieses Verfahren
ob es überhaupt technisch mach- mittlerweile patentieren lassen.
bar ist, Gärreste aus Biogasanla-
gen als Rohstoffe für die Herstel- Derart neu aufbereitet lassen
lung von Holzwerkstoffen zu ver-
wenden. Für die deutsche Holz- sich faserhaltige Gärprodukte
werkstoffindustrie wäre das inte-
ressant, denn sie sucht schon seit nunmehr als Holzersatz in Plat-
Längerem nach alternativen, zel-
lulosehaltigen Rohstoffen zur Pro- tenwerkstoffen einsetzen, ohne
duktion von Span- und Faserplat-
ten. Die Frage nach der techni- dass es zu Geruchsbelästigun-
schen Machbarkeit der Gärreste-
verwertung konnte im Verlauf des gen kommt. Nach Einschätzung
Projekts bejaht werden. Im Ab-
schlussbericht wird eine Substi- der Forscher ermöglicht das Ver-
tution von 15 bis 20 Prozent der
Holzfasern durch Gärprodukte als fahren auch wirtschaftlich be-
realistisch eingeschätzt.
trachtet die Herstellung konkur-
In einem zweiten Forschungs-
schritt ging es um die Entwicklung renzfähiger Faserrohstoffe. Das
konkreter Produktionsabläufe für
die Verwertung der Biomasse in Potenzial in Deutschland liegt
Spanplatten sowie mitteldichten
nach Angaben des Nova-Instituts
derzeit bei jährlich etwa 1,5 Mio. t
Trockenmasse.
Aufgrund der eher dunklen
Farbe der Gärprodukte halten die
Forscher eine Nutzung im Segment
der Laminat-Fußböden für beson-
ders sinnvoll. Aber auch andere
Die Span- und MDF-Platten der oberen Reihe enthalten keine Gärreste, in Anwendungen wie zum Beispiel
den Reihen darunter steigt der Anteil von zehn auf 20 bis hin zu 30 Prozent Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe
Gärresten. Fotos: Nova-Institut (WPC) seien möglich. Q
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