Mit der Technischen Hochschule Rosenheim an der Spitze startet im Frühjahr ein Gemeinschaftsprojekt zur zukunftsweisenden Entwicklung der Forst- und Holzwirtschaft in der Europäischen Union. Insgesamt sind 19 Partner aus acht Ländern, in erster Linie Universitäten und Hochschulen, an dem auf drei Jahre angelegten Projekt beteiligt. Die Förderung des jetzt bewilligten Gesamtprojekts in Höhe von rund 5,2 Millionen Euro erfolgt über das europäische Forschungsrahmenprogramm Horizon 2020.
Gesamte Wertschöpfungskette wird untersucht
„Wir werden die gesamte Wertschöpfungskette der Wald- und Holzwirtschaft analysieren, um daraus Erkenntnisse für deren nachhaltige Umgestaltung zu gewinnen“, erläutert Veronika Auer, stellvertretende Leiterin des Zentrums für biobasierte Materialien (ZBM) der TH Rosenheim. Im Mittelpunkt steht dabei die ganzheitliche Betrachtung des Öko- und Wirtschaftssystems Wald. „Die Funktionen des Waldes sind vielfältig: Er bietet Schutz zum Beispiel vor Lawinenabgängen, Menschen können sich in ihm erholen und Forstbesitzern dient er als Einnahmequelle“, so Auer. Die verschiedenen Aspekte bestmöglich zu vereinen, sei das Hauptziel des Projekts „One Forest“. In verschiedenen Szenarien-Analysen für die kommenden 30 Jahre wollen die Wissenschaftler konkrete Vorschläge liefern.
Ganzheitliche Betrachtungsweise
„Wir wollen den Wald nicht nur aus wirtschaftlicher Perspektive betrachten, sondern auch die Ökosystemdienstleistungen des Waldes mit in den Fokus rücken. Also welchen Nutzen und welchen Wert der Wald für die Gesellschaft und für die Lebensqualität der Menschen sowie den Klima- und Umweltschutz hat“, verdeutlicht Prof. Dr. Sandra Krommes. Idealerweise finde man Ansätze, den Wald und die Wertschöpfungskette Forst-Holz ganzheitlich unter ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten zu bewerten.
Vier Modellregionen
Um die verschiedenen Funktionen des Waldes eingehend zu untersuchen, betrachtet das Projektteam vier biogeografische Modellregionen, um Unterschiede bei Klima- und Waldbedingungen, Waldwachstum sowie Holzversorgung und -nutzung zu berücksichtigen. Dabei spielen auch die notwendigen Veränderungen unserer Wälder von Monokulturen zu Mischkulturen eine Rolle, damit diese weniger anfällig gegenüber Schädigungen durch Insekten, Stürme oder Trockenheit sind. Untersucht werden Mittelmeerwälder in Spanien, Alpenwälder in der Schweiz, Kontinentalwälder in Deutschland sowie nördliche Wälder in Estland.
Unter Federführung der TH Rosenheim und der Universität Trento wird im Rahmen des Projektes auch die Einsatzmöglichkeit eines Holzfaser-Biopolymer-Komposites als Bodenabdeckung untersucht. „Insbesondere werden die Auswirkungen auf Bodenerosion, Bewuchs, Wasserspeicherkapazität, mikrobiologische Aktivität und Bodenstabilisierungspotenzial genauer betrachtet“, erläutert Hirschmüller.
Kooperation mit verschiedenen Interessensgruppen
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist laut Auer, alle Interessensgruppen und dabei insbesondere die Holzindustrie bei der Umgestaltung der Forstwirtschaft mitzunehmen. „Der Wald wird sich in den kommenden Jahrzehnten verändern und das hat auch Auswirkungen auf die Materialflüsse und die Produkte. Wir wollen die Unternehmen der Wertschöpfungskette darauf vorbereiten und zusammen mit ihnen Perspektiven für die künftige Holznutzung erarbeiten“.