Hohe Energiepreise und Unsicherheiten infolge des Ukraine-Konflikts haben die Geschäftserwartungen der meisten Unternehmen für 2022 verschlechtert. Besonders die Bauwirtschaft und die Industrie schauen pessimistisch in die Zukunft, zeigt die neue Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die Dienstleistungsbranche klettert dagegen aus dem Corona-Tief.
Die Liste der Probleme der deutschen Wirtschaft ist lang: Die Preise – besonders für Energie – steigen weiter, China schottet ganze Metropolen von der Außenwelt ab, hohe Infektionszahlen sorgen für Personalausfälle und immer noch kommen wichtige Lieferungen mit großer Verspätung an oder bleiben ganz aus. Und der Krieg in der Ukraine sorgt für zusätzliche Unsicherheiten. Waren die Wachstumserwartungen für 2022 Anfang des Jahres noch zuversichtlich, kühlt der Krieg sie jetzt deutlich ab. Das ist das Ergebnis der IW-Konjunkturumfrage, für die fast 3.000 Unternehmen zwischen Anfang März und Mitte April befragt wurden.
Große regionale Unterschiede
Die Erwartungen sind regional sehr unterschiedlich. Unternehmen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen sind überwiegend positiv gestimmt. Weil Lieferprobleme weiter die Automobilindustrie belasten, fallen die Erwartungen der Wirtschaft in Baden-Württemberg überschaubar aus. Stark getrübt ist die Stimmung vor allem im Norden: Hier sind die Pessimisten in der Mehrheit. Die geplatzten Kooperationen mit Russland – wie bei dem Pipelineprojekt Nord-Stream 2 – haben den Nord-Osten stark getroffen. Hier sehen über 40 Prozent der Unternehmen ein weiteres düsteres Jahr auf sich zukommen.
Ein Fünkchen Hoffnung
Trotz all der Belastungen durch den Krieg und die Pandemie bleibt bei knapp 40 Prozent der Unternehmen die Erwartung, dass sich das Jahr noch zum Besseren wendet. Verglichen mit der Umfrage im November vergangenen Jahres ist das zwar ein Rückgang von zehn Prozentpunkten, jedoch erwarten vor allem die Dienstleistungsunternehmen, dass die Bundesbürger das in der Pandemie angesparte Geld nun gerne ausgeben. Zudem wollen die Unternehmen ihre aufgeschobenen Investitionen nachholen, so die Hoffnung. „Die optimistischen Produktionserwartungen der Unternehmen in Deutschland lassen insgesamt nicht auf eine Beschäftigungs- und Investitionskrise schließen“, sagt IW-Konjunkturexperte Michael Grömling. „Angesichts einer sich abrupt ändernden geopolitischen Lage kann sich die Stimmung der Unternehmen jedoch schnell ändern.“